Das Aufklärungsgespräch zur Patientenverfügung
Ein ärztliches Aufklärungs- oder Beratungsgespräch zu einer Patientenverfügung ist im Vorfeld unbedingt mit längerfristigen und reiflichen Überlegungen sowie Vorbereitungen verbunden.
Es sind einerseits entsprechende Unterlagen (z. B. von der Patientenanwaltschaft oder von Notar*innen) einzuholen und durchzusehen. Weiters gilt es die Gesamtkosten für die Errichtung abzuklären, und es empfiehlt sich auch schon vor dem ersten ärztlichen Beratungstermin, die nächsten Angehörigen zu informieren. Sinnvollerweise wären mit diesen auch erste Gedanken in Blickrichtung auf Vorsorgevollmacht und/oder eine etwaige Erwachsenenvertretung anzustellen. Insofern richtet sich eine Patientenverfügung immer auch an Angehörige. Es kann dabei zudem auf Wünsche bezüglich des Ortes einer nötigen Betreuung oder auf eine Sterbebegleitung eingegangen werden.
Es ist dringend anzuraten, eine Patientenverfügung nicht im Affekt, während oder kurz nach einem belastenden Erlebnis, zu errichten. Es könnte hierbei leicht zu vorschnellen Formulierungen kommen, die nicht dauerhaft der Grundhaltung der Verfasser*innen entsprechen. Die Folgen davon könnten u. U. sein, dass es bei Wirksamwerden der Verfügung nicht zu den Handlungen im Sinne der Patient*innen kommt. Dieses Risiko besteht bei einer schriftlichen Verfügung für eine zukünftige Situation natürlich immer.
Der Inhalt des ärztlichen Aufklärungsgesprächs umfasst zumeist 3 Teile:
- Das Gespräch über Grundhaltungen, Werteinstellungen und die persönlichen Erfahrungen der Patientin bzw. des Patienten
- Das eigentliche Aufklärungsgespräch mit der Darlegung des Inhaltes des novellierten Patientenverfügungsgesetzes
- Die (eventuell gemeinsame) Erstellung der Verfügung, bei der die gewünschten Ablehnungen medizinischer Maßnahmen ausformuliert werden
Im Gespräch hat der Arzt die persönliche Errichtung, Freiwilligkeit, Urteils- und Einsichtsfähigkeit sowie die Folgenabschätzung der Patient*innen einzuschätzen und in der Verfügung zu dokumentieren. Liegen begründete Zweifel an der Entscheidungsfähigkeit vor (z. B. bei Verdacht auf eine Demenzerkrankung oder andere psychische Erkrankung), so kann es nötig sein, ein fachärztliches, in der Regel psychiatrisches Attest nachzuliefern.
Man unterscheidet in der österr. Rechtsprechung seit 2019 die verbindliche und andere Patientenverfügung:
Die verbindliche Patientenverfügung ist mit ihrer 8-jährigen Maximalgültigkeit an eine (wiederholte) ärztliche Aufklärung gebunden. Diese Aufklärung ist durch die Patient*innen nicht ablehnbar.
Jeden andere Patientenverfügung unterscheidet sich von der verbindlichen Patientenverfügung in ihrer Verbindlichkeit für die Ärzteschaft bei Inkrafttreten. Für diese Form der Verfügung ist die ärztliche Beratung und Aufklärung nicht verpflichtend, jedoch angeraten. Einerseits, um ihre Wünsche und die Folgen von Entscheidungen zu erörtern, andererseits um auch die Qualität (und damit die Wahrscheinlichkeit der Einhaltung) Ihrer formulierten Ablehnungen zu erhöhen.
Der Ablauf oder Inhalt des Gesprächs unterscheidet sich bei verbindlichen oder anderen Verfügungen nicht wesentlich. In der Regel ergeben sich im Laufe der Beratung eindeutige Hinweise, welcher Art im individuellen Fall der Vorzug zu geben ist.
Bei Vorliegen einer seltenen Erkrankung könnte unter Umständen zusätzlich zum Aufklärungsgespräch eine fachärztliche Spezialberatung sinnvoll erscheinen.